Pauline bewertete am 08.08.20 den "Schüleraustausch Japan" mit AFS Interkulturelle Begegnungen

Geprüfte Bewertung - Schueleraustausch.Net Mit AFS in Japan – meine Erfahrungen prägen mich für immer
(5.0)

Ich war 2014/15 mit AFS in Yokohama in Japan. Yokohama gehört zum Einzugsgebiet von Tokyo und hat alleine schon 3 Millionen Einwohner. Ich lernte davor eine ganze Weile alleine japanisch, bei meiner Ankunft fehlte es mir jedoch an praktischer Erfahrung, weshalb ich kaum mehr sagen konnte, als mich vorzustellen, weshalb ich zu Beginn auch viel auf Englisch sprach. Nach ungefähr vier bis fünf Monaten konnte ich dann so gut Japanisch, dass ich nur noch in Ausnahmefällen Englisch benutzte.

Vorbereitung

Wir hatten von AFS Deutschland mehrere Camps, jeweils über ein Wochenende, auf denen wir allgemein und länderspezifisch auf das Auslandsjahr vorbereitet wurden. Sie waren sehr ausführlich und die Betreuenden waren super nett und motiviert. So lernten wir auf den Camps nicht nur viel – beispielsweise zu eigenen Werten und Kommunikation, Vorurteilen und möglichen Schwierigkeiten und Besonderheiten in Japan – sondern wir hatten auch bei allen Camps sehr viel Spaß. Die Abende mit allen zusammen waren immer super schön, genauso wie die Pausen mit den Energizern.

Betreuung

In Japan hatte ich ein Camp gleich am Anfang und ein End-of-Stay-Camp und zwischendurch eintägige Orientations. Die waren meist ein bisschen langweilig, trotzdem war es immer gut, dass ich mich mit anderen AustauschschülerInnen austauschen konnte.
Wir hatten alle auch individuelle Betreuerinnen. Meine Betreuerin war eine ältere Frau. Wir trafen uns meist monatlich, um darüber zu reden, wie es mir geht, was für Fortschritte ich gemacht habe, und auch was für Probleme ich habe, manchmal telefonierten wir auch nur. Manchmal lud sie mich aber auch ein oder wir gingen mit ihrem kleinen Enkel in einen Park. Ich hatte immer das Gefühl, dass AFS durch meine Betreuerin gleich erreichbar war, wenn ich etwas gebraucht hätte.
Das lokale AFS-Chapter organisierte darüber hinaus auch Spaß-Treffen, etwa eine Willkommens- und eine Abschiedsfeier, ein Sommer-Grillen und ein mehrtägiges Sommercamp, einen Ausflug mit Schnitzeljagt nach Kamakura und einen einwöchigen Austausch in ein anders Chapter. Das war sehr toll, da wir so noch eine andere Gastfamilie und Schule und ein etwas ländlichers Leben kennenlernen konnten. Die Studen-Voluntairs, die diese Spaß-Events organisiert haben, waren immer sehr lustig und es war immer sehr schön, sie zu treffen.

Schule

Ich war auf einer Privatschule, einer katholischen Mädchenschule – nicht unbedingt das, was ich erwartet hatte. Anfangs fand ich es auch ein bisschen enttäuschend; wir hatten weniger Sportangebote, keine coole Dachterrasse und einen Schulalltag ohne Jungs konnte ich mir schwer vorstellen. Schnell gewöhnte ich mich jedoch daran und rückblickend bin ich sehr froh, auf dieser Schule gewesen zu sein.
Ich war jeden Tag um kurz vor acht in der Schule, dann unterhielt ich mich mit Freundinnen oder machte Hausaufgaben, bis um zwanzig nach acht der Unterricht anfing. Er ging bis halb vier, dann mussten wir oft noch putzen und dann ging ich an vier Tagen die Woche in den Club. Meistens kam ich dann um halb sechs oder sechs nach Hause.
Ich war die einzige Austauschschülerin auf der Schule und meine Klassenlehrerin kümmerte sich sehr engagiert um mich, half mir, wo sie konnte, und schaute immer, dass ich nicht alleine bin. So spielte ich in den Pausen mit Mädchen aus meiner Klasse Volleyball, aß mit Klassenkameradinnen zusammen zu Mittag und besuchte sie reihum in ihren Clubs, bis ich mich dann auch für zwei entschied: Wandern und Teezeremonie. Im Wander-Club machten wir dreimal wöchentlich nach dem Unterricht Kraft- und Ausdauertraining auf unserem Sportplatz und an den Wochenenden manchmal Ausflüge. Das hieß dann: um 5 Uhr aufstehen und stundenlang laufen. Aber mir machte es Spaß und ich sah dadurch die wunderschöne Natur Japans, die ich sonst nicht kennengelernt hätte. Höhepunkt war das Sommercamp, bei dem wir in den südlichen japanischen Alpen auf 2.000 Meter Höhe zelteten, auf Campingkochern kochten, abends Karten spielten und tagsüber (leider meistens im Regen) wanderten.
Der Teezeremonie-Club dagegen war sehr entspannt. Wir hatten in der Schule einen schönen Tatami-Raum und dort saßen wir alle zusammen, übten Teezeremonie, tranken Tee und unterhielten uns. Dort hatte ich viele Freundinnen und es war immer sehr lustig. Außerdem hatte ich durch den Teezeremonie-Club die Möglichkeit, einen Furisode-Kimono (einen Kimono mit sehr langen Ärmeln) zu tragen, und lernte sogar, wie man Kimonos anzieht und die Gürtel bindet. Und am Tag-der-offenen-Tür der Schule durfte ich sogar vor Gästen Teezeremonie vorführen.
Bei all dem Spaß muss ich noch erwähnen, dass meine Schule sehr streng war: Unsere Schuluniform war sehr schlicht – dunkelblau und ziemlich lang – und jeglicher Schmuck war verboten. Das bezog sich nicht nur auf Ketten, Ohrringe oder Schminke, sondern auch unsere Haargummis, Schals und Regenschirme durften nicht bunt sein. Auch der Unterricht war streng und anspruchsvoll und ich verstand in vielen Fächern bis zum Ende nur sehr wenig. Darüber hinaus war praktisch alles in der Schule verboten – von Handys, über Manga, bis zu Süßigkeiten.
Natürlich nervte mich das alles manchmal. Insgesamt war es jedoch in Ordnung – ich wollte eine japanische Schule kennenlernen und strenge Privatschulen sind in Japan eben relativ üblich. Außerdem durfte ich während der Unterrichtsstunden, die ich gar nicht verstand, etwa klassisches Japanisch, in der Bibliothek selbstständig Japanisch lernen. Die Schule kümmerte sich sogar darum, dass einige Mütter mich dabei ehrenamtlich unterstützten. In anderen Stunden blieb ich im Klassenzimmer, las aber Romane oder lernte Japanisch, was die Lehrerinnen akzeptierten. Oder ich besuchte für mich interessanteren Unterricht der Jahrgänge über oder unter mir, beispielsweise Musik, Englisch oder Haushaltskunde. Nur in wenigen Fächern wie Englisch oder Mathe passte ich richtig auf, machte auch Hausaufgaben und schrieb Klausuren. Das war sehr anstrengend, aber eine gute Erfahrung.
Meine Schule ermöglichte es mir außerdem, dass ich kostenlos bei der Klassenfahrt des Jahrgangs unter mir mitfahren durfte, da es in meinem Jahrgang keine gab. So konnte ich Kyoto und Nara kennenlernen und hatte drei sehr witzige Tage.
Insgesamt war die Schule oft sehr anstrengend, aber ich ging immer gerne hin. Ich fand sehr gute Freundinnen, mit denen ich auch nach Jahren noch Kontakt habe, fühlte mich integriert und aufgenommen, bekam jedoch als Austauschschülerin auch spezielle Unterstützung und Zuwendung.

Familie

Meine Gastfamilie bestand aus meinen Gasteltern, meinem Gastbruder, der ein Jahr älter war als ich, meiner zwei Jahre jüngeren Gastschwester und dem Hund. Im Nachbarhaus wohnte außerdem die Gastoma, bei der wir Kinder jeden Donnerstag Abendessen aßen und die auch öfter zu Ausflügen mitkam.
Vor allem mit meinen Gasteltern verstand ich mich auf Anhieb sehr sehr gut. Ich hatte das Gefühl, mit ihnen über alles reden zu können und ihnen vertrauen zu können. Sie arbeiteten beide, sodass wir uns unter der Woche nur wenig sahen. Trotzdem machte meine Gastmutter uns jeden Tag drei Malzeiten: Das Mittagessen nahmen wir als Bento mit in die Schule und abends wärmten wir Kinder uns das Essen selbst auf, weil dann beide Eltern noch arbeiten. Meine Gastmutter kam meist um 21 Uhr, mein Gastvater zwischen 21 und 23 Uhr heim. Am Wochenende verbrachten wir dafür mehr Zeit miteinander. Manchmal machten wir Ausflüge, mir machte es aber auch schon Spaß, einfach nur mit ihnen zusammen in den Supermarkt einkaufen zu fahren, zusammen zu essen, Tee zu trinken oder fern zu sehen.
Bei meiner Gastfamilie lief praktisch rund um die Uhr der Fernseher, was für mich sehr ungewohnt war, was für mein Japanisch jedoch sehr gut war. Meine Gasteltern halfen mir auch beim Japanischlernen. Allerdings konnten sie Englisch, was am Anfang sehr hilfreich war.
Mit meinen Gastgeschwistern verbrachte ich nicht ganz so viel Zeit. Manchmal unternahm ich etwas mit meiner Gastschwester, wir schauten zusammen fern, oder ich unterhielt mich beim Essen mit meinem Gastbruder. Wir waren aber alle drei auf unterschiedlichen Schulen und oft mit unseren eigenen Clubaktivitäten und Hausaufgaben relativ beschäftigt.
Wir haben immer noch Kontakt und zwei Jahr später war ich noch mal für zwei Monate bei ihnen, außerdem haben mich meine Gastmutter und meine Gastgeschwister später in Deutschland besuchte – sie sind wirklich wie eine zweite Familie für mich geworden.

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